Mit dem "Hühnerschreck" zu den Kühen

PNP stellt die schönsten Oldtimer in der Region vor: Gerhard Herold hat eine Rex Bagusat, Baujahr 1952

Teresa Kaiser 21.09.2020 | Stand 20.09.2020, 18:14 Uhr

Mit dem

 

Rex und Alphorn, das gefällt Gerhard Herold – und den Kühen auch. −Foto: Kaiser

Tann. Gerhard Herold (65) schmeißt sich die Tasche mit seinem Alphorn über die Schulter. "Hab ich alles?" Er steigt auf seine Rex Bagusat, Baujahr 1952. Auf den ersten Blick ist das ein charmantes Oldtimer-Fahrrad. Blaues Gestell, silbernes Schutzblech, Klingel. Doch etwas ist anders. Das Rad hat nämlich einen Motor. Gerhard Herold bezeichnet sein Gefährt als "Pedales", sozusagen das heutige E-Bike.

Der Münchner lebt mit seiner Familie seit 35 Jahren in Tann. Lange war er Musiker, sein Sohn ist Künstler. Jetzt ist Herold sein Manager. "Wir sind eine verrückte Familie", sagt er lachend. Gerhard Herold fällt auf, wenn er unterwegs ist. Mit roter Brille, rotem T-Shirt, Lederhose und Wollsocken schießt er mit seinem "Ped" Richtung Denharten. Seine Haare sind zu einem Zopf zusammengebunden
Maximal 25 Stundenkilometer. Maximal 25 Stundenkilometer schnell darf das Rad gehen. Wie aus einem Comicheft entsprungen sieht Herold aus mit dem großen Alphorn auf dem Rücken und dem kleinen Rad.

Auf einer Landstraße geht es vorbei an alten Höfen und Neubauten, Apfelbäumen und Maisfeldern. Benzingeruch liegt in der Luft, monoton rattert das Rad. Bergab macht er den Zweitaktmotor aus, lässt das Ped rollen. Herold klingelt, grüßt seine Nachbarin, die spazieren geht. Kühe grasen auf der Weide, dort hält er an.

Ein Freund hat ihn damals neugierig auf das Pedales gemacht. Dieser habe in einem Münchner Keller immer an seinen Rädern herumgeschraubt. "Dann hab ich gesagt: Sowas brauch ich auch." Für 1000 Mark hat sich Herold im Jahr 1995 die Rex Bagusat gekauft.

Eine alte Dame habe ihm erzählt, dass man die Dinger früher "Hühnerschreck" genannt hat. Sie habe sich sehr gefreut, als sie ihn damit gesehen hat, hatte den Klang noch im Ohr. "Es geht alles über die Ohren", sagt Herold. Auch Katzen scheuen das Rad, hat er festgestellt. "Aber Rehe bleiben stehen." Warum weiß er nicht. Vor kurzem wollte er das Ped verkaufen, fünf Jahre lang stand es nur auf dem Dachboden. "Und zum Stehen ist es zu schade." Jetzt ist es wieder angesprungen – und Herold gibt es nicht mehr her. "Weil es so schön ist, weil es Spaß macht." Das ist sein Ausgleich.

Keine Elektronik, das mag er Er liebt die Natur, das Ursprüngliche. Deshalb ist er ein Fan von seinem Gefährt. Keine Elektronik, das mag er. Auch die Geschichte der Hersteller gefällt Herold. Inhaber der Rex-Motorenwerke in München waren die Brüder Erich und Kurt Bagusat. "Die haben ihr Unternehmen verloren, weil sie auf der Rennbahn ihr Geld verwettet haben."

Als Gerhard Herold mit seinem Ped bei den Kühen anrollt, zeigen sich diese erst wenig beeindruckt. Auf der ganzen Wiese verteilt grasen sie gelassen weiter. Herold steigt ab, nimmt das Alphorn aus der Tasche und baut es zusammen. Dunkelblau lackiert ist es, bemalt mit Blumen und einem Spruch von seinem Sohn: "If you can dream it, you can do it" – Wenn du es träumen kannst, kannst du es tun. "Kumm, Keibe, kumm", schreit Herold und stellt sein Alphorn an der Kuhwiese auf. Er bläst kräftig hinein, die tiefen Töne erzeugen ein leichtes Echo. Die Kühe schauen auf, setzen sich langsam in Bewegung. Immer schneller wandern sie den Hang hinauf. Kurz darauf stehen die Kühe im Pulk vor dem Musiker und lauschen seinen Klängen. "Hornvieh reagiert auf Horn", sagt Herold. "Das dankbarste Publikum, das es gibt." Auch auf der anderen Straßenseite stehen die Kühe in Reih und Glied am Zaun und lauschen dem Konzert.

Vor vielen Jahren hat Herold sein Ped auf der Rennbahn in Pfarrkirchen ausgestellt. Er hat sich dort so wohl gefühlt, dass er jetzt den Oldtimerfreunden Pfarrkirchen beigetreten ist. "Das macht schon viel Spaß", sagt er. Aber er selbst ist kein Schrauber. "Das ist mein Manko." Gerhard Herold spielt den Kühen noch ein paar Lieder, packt das Alphorn wieder in die Tasche und fährt mit seiner Rex Bagusat nach Hause.

Teresa Kaiser

 

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