Ein seltenes Sammlerstück
PNP stellt die schönsten Oldtimer vor: Jürgen Sperls MV Agusta Pullman 125 wurde nur drei Jahre lang gebaut
Christiane Vogl 17.08.2020 | Stand 16.08.2020, 17:53 Uhr
Vor der Kulisse des alten Herrenhauses auf der Pfarrkirchner Rennbahn: Jürgen Sperls seltene hellblaue
MV Agusta Pullman 125 ist nicht nur hinter der Glasvitrine ein echter Hingucker. −Fotos: Vogl
Pfarrkirchen. So mancher wird sie wohl schon des öfteren bewundert haben, als sie noch im Café Einstein in einer Vitrine unter dem Stammtisch stand und die Blicke der Gäste anzog: Jürgen Sperls hellblaue MV Agusta 125 Pullman. Ihre Heimat hat sie mittlerweile gewechselt, denn nun ziert sie in einer Glasvitrine das Vereinsheim der Rottaler Oldtimerfreunde, wo sie weiterhin ein wahrer Hingucker ist.
Restaurierungdauert jahrelangFür das 65 Jahre alte Motorrad begann die Reise nach Deutschland auf einem italienischen Schrottplatz, wo es von Sperls Vorbesitzer gerettet und nach Hamburg gebracht wurde. Dort entdeckte der Pfarrkirchner 2001 das Sammlerstück: "Ich habe sie nicht gezielt herausgesucht, es war eher ein Zufallsgriff", erzählt er. Auf bayrischen Boden angekommen ist die Maschine dann allerdings nicht im Ganzen, sondern verteilt auf mehrere Kisten. Fünf Jahre kostete es Sperl, die Einzelteile wieder zusammenzubauen und das Motorrad wieder auf zwei Reifen zu stellen. "Sie war wirklich sehr kaputt", erinnert sich Jürgen Sperl.
Drei Jahre lang wurde dieses Modell lediglich hergestellt.
Doch für den gelernten Mechaniker war das eine Beschäftigung, der er gerne nachging. Gemeinsam mit seinem Sohn schraubt und bastelt er nämlich leidenschaftlich gerne. Daher ist er auch Mitglied der Rottaler Oldtimerfreunde, in deren Vereinsheim sein Prachtstück mittlerweile gut aufgehoben ist.
Allerdings war die Restauration nicht leicht, auch weil der 54-Jährige nicht allzu viele Informationen zur Hand hatte. Über ein Fachbuch fand er heraus, dass die Maschine lediglich drei Jahre lang, von 1953 bis 1956, hergestellt wurde und insgesamt nur 27000 Mal das Fließband verließ. "Ich gehe davon aus, dass in Deutschland gerade mal drei bis fünf Stück vorhanden sind", schätzt er.
Die Einzelteile seien schwer zu beschaffen gewesen und auch teuer, vor allem in Deutschland: "Beispielsweise hat das Motorrad 15-Zoll-Reifen, die es bei uns nicht gab. Hier erhält man lediglich 16-Zoll-Reifen", erklärt der gebürtige Oberbayer. So verlagerte er die Suche nach passenden Teilen, wie den Felgen, auf den italienischen Raum, wo er meist fündig wurde. Auch die passende Lackierung für das italienische Gefährt zu finden, sei nicht leicht gewesen. In seinem Buch entdeckte Sperl unter dem Schwarz-Weiß-Foto lediglich den Hinweis, dass die Maschine blau gewesen sei. Über ein im MV Agusta-Museum am Gardasee ausgestellten Roller, der den selben Rahmen besaß, erfuhr der 54-Jährige, dass seine Pullman ursprünglich in Hellblau erstrahlte.
Besonderes Gefallen hat der Pfarrkirchner an den kleinen Details und Einzelheiten seiner Maschine, bei denen es sich um die Originale handelt. Sogar die alte Fahrradpumpe ist dem sechs PS starken Gefährt erhalten geblieben. Dass es sich bei diesen nicht um Nachbildungen handelt, war dem 54-Jährigen sehr wichtig: "Entweder komplett original oder gleich rumbauen", lautete seine Devise. Mittlerweile würde Sperl seine Maschine nicht mehr aus der Hand geben, obwohl der materielle Wert sich in Grenzen hält. "Ich würde auf drei- bis fünftausend Euro schätzen, denn sie ist ein Sammlerstück, das nur für bestimmte Menschen von Interesse ist", so Sperl. Für ihn hat seine Agusta mittlerweile allerdings einen viel höheren Stellenwert, so dass er sehr froh über diesen Zufallsgriff ist.